Chromleder darf nicht gefettet werden.
Häufig wird von Herstellern und Sattlern empfohlen, Chromlederteile, insbesondere Strupfen, auf keinen Fall einzufetten.
Ist Fett tatsächlich so schädlich für chromgegerbtes Leder?
Jein. Chromleder enthält genau wie jedes andere Leder auch, einen gewissen Anteil an natürlichem Fett. Es ist also keinesfalls so, das Fett chromgegerbte Leder zerstört, wie häufig behauptet wird. Es stimmt aber durchaus, daß Chromleder deutlich weniger Fett verträgt als zum Beispiel vegetabil oder sämisch gegerbtes Leder…
Woran liegt das?
Dazu müssen wir zunächst einmal schauen, wo Chromleder überhaupt eingesetzt wird. Da ist zum einen die Auto-/Möbel-/Bekleidungs-/und Schuhindustrie, die weiche Chromleder als Bezugsleder, für Futter oder als Schuhoberleder einsetzt.
Auto-/Möbelleder: Gemeinsam ist diesen Bereichen, daß sie Leder mit fehlerfreier Oberfläche benötigen, welches unter keinen Umständen abfärbt, nach Möglichkeit auch feucht abwischbar ist – egal ob Chrom oder pflanzlich gegerbt. Dies erreicht man durch starke Pigmentierung und das Aufbringen von starken Farbschichten – im Prinzip schon eine Art Kunststoffbeschichtung. Bei weniger hochwertigen Ledern wird in diese Schicht auch noch einen Narbung eingeprägt, um Fehler im natürlichen Narben zu verdecken – diese weniger hochwertigen Leder sind aus Kostengründen zumeist chromgegerbt. Versucht man nun, ein solches Leder zu fetten, bleibt das Fett auf der (dichten…) Oberfläche stehen, da es durch die Beschichtung nicht in das Leder eindringen kann – es bringt also überhaupt nichts, stattdessen hat man nun auch noch „eingefettete“ Kleidung zu beklagen…
Schuhleder: Glattleder, vor allem bei Accessoires und Schuhen, haben häufig einen glänzende Oberfläche. Wird der Schuh nun gefettet, oder gar geölt, wird diese glanzgestoßene oder gewachste Oberfläche matt – es entsteht die typische „Fettleder-Optik“ (natürlich ohne daß aus dem Otto-Normal-Chromleder damit ein echtes Fettleder würde…) Einzig stark beschichteten Billig-Ledern kann das Fetten da nichts anhaben – aus den oben beschriebenen Gründen.
Im Reitsport werden Chromleder zumeist dort eingesetzt, wo relativ kleine Lederflächen relativ großen Belastungen ausgesetzt werden, also vor allem für Sattelstrupfen, manchmal auch für Bügelriemen.
Diese Teile sind einer immensen Zugbelastung ausgesetzt, unter der sie auf keinen Fall reißen dürfen – und sie sollen sich nach Möglichkeit auch nicht dehnen. Um dies zu gewährleisten, werden dicke Häute mit einer Kombination aus Chromgerbung und Nasstrecken behandelt. Das so entstehende Strupfenleder zeichnet sich durch hohe Reißfestigkeit, große Standigkeit, minimale Dehnung und minimale Pflegeanforderungen aus. Aber natürlich hat solches Leder auch gewisse Nachteile: zunächst der optische Aspekt: Strupfenleder hat eine weiße statt naturfarbene Schnittfläche, da es auf Funktion ausgerichtet ist, wird der (optischen) Oberflächenveredlung eher weniger Aufmerksamkeit gezollt. Außerdem neigt es zu charakteristischen weißen Ausblühungen – übrigens eine Mischung aus Mineralien, Wachsanteilen und – Fett! Die hohe Standigkeit bedeutet auch, daß es zumeist als störrisch und unhandlich empfunden wird. Durch den hohen Mineralgehalt ist es z.T. schwieriger zu verarbeiten. Und die minimalen Pflegeanforderungen bedeuten auch, daß es schnell überpflegt ist.
Woher kommt nun der Mythos, Chromleder dürfe man auf keinen Fall fetten?
Da das Strupfenleder wie erwähnt, ziemlich steif und störrisch ist, haben Generationen von Reitern versucht, es durch regelrechtes Einlegen in Öl geschmeidiger zu machen. Diese Praxis ist schon für normales, pflanzlich gegerbtes Zaumleder alles andere als zuträglich – wieviel mehr für das pflegeleichte Chromleder! Das überschüssige Fett lagert sich zwischen den Fasern ab, es drängt sie sozusagen auseinander und löst ihre enge, durch die Verarbeitung künstlich erhöhte Bindung untereinander, zerstört so die Formbeständigkeit und macht es anfälliger für Reißen aufgrund von plötzlicher Belastung. Das abgelagerte Fett macht außerdem das Leder schwer und erhöht die Dehnbarkeit – und zerstört damit eine der Haupteigenschaften des Strupfenleders. Und wirklich geschmeidig werden die Strupfen oder Bügelriemen davon trotzdem nicht. Nun bekommen also ebenso Generationen von Sattlern die schmierigen, aufgeschwemmten, unförmigen, ungleich langen Strupfen mit der Bitte um Austausch auf ihre Arbeitstische – logisch, daß sie empfehlen, die Strupfen doch bitte nicht zu fetten – ebenso wie die schlabbrig gefetteten Sattelblätter, die im übrigen aus vegetabil gegerbtem Leder bestehen (sollten - siehe auch: Sattelmythos #6). Tatsächlich kommen Strupfen eines normal genutzen, nur ausnahmsweise mal nass werdenden und ansonsten pfleglich behandelten Sattels mit sehr wenig Fett aus… werden sie allerdings öfter mal nass, oder sind scharfen Chemikalien ausgesetzt, müssen sie auch gewaschen werden – und können nach dem Trocknen durchaus mal ein drüberwischen mit dem Fettlappen vertragen.
zum Weiterlesen:
Sattelmythos#6: An einem hochwertigen Sattel hat Chromleder nichts zu suchen!
Sattelmythos#7: Viel Lederöl hilft viel! |